Dienstag 5. Juli 2016

Scheiß auf dieses W-Lan! Jeden Tag habe ich ein anderes Problem damit. Aber na ja. Ich habe bessere Dinge, über die ich jetzt schreiben kann.

Nach dem Unterricht bin ich direkt zum Potsdamer Platz gegangen, um mich mit einem Freund von mir zu treffen. Der Platz war sehr groß und ich habe mich ein bisschen verloren. Auf dem Bürgersteig schaute ich die Leute an und ich hoffte jemanden zu finden, den ich fragen könnte, wo sich die Staatsbibliothek befindet. Es gab ein Paar, das einen Mops mit hatte, aber bevor ich zu ihnen gehen konnte waren sie schon weg. Anschließend habe ich zwei Kellner vor einem Restaurant gesehen. Sicher würden sie es wissen! Mit Selbstsicherheit fragte ich sie: “Entschuldigung. Wissen Sie, wo die Staatsbibliothek sich befindet?” Ihre erste Antworte war ein verwirrter Blick. Dann haben sie mir gesagt, sie sind gerade gestern Abend in Berlin angekommen, deshalb wüssten sie nichts. Huch.

Glücklicherweise habe ich einige Schilder gefunden, die mir den Weg zur Staatsbibliothek gezeigt haben. Als ich endlich vor der Bibliothek war, hat Raphaël mich bemerkt und wir haben uns dann gegrüßt. Es hat mich sehr gefreut, ihn wieder zu sehen. Wir haben uns über Gernot unterhalten und gelacht, weil wir ihn beide kennen. (Raphaël sagte, “Ist er nicht schön? Mit seinem Hut!”) Wir stimmten darin überein, dass Gernot ein mysteriöser Mann ist. Sein Lächeln versteckt etwas. Niemand kennt Gernot sehr gut. Ist sein echter Name Gernot? Raphaël hat Gernot mit einer Katze verglichen: Wenn Gernot dich lieb hat, kommt er zu dir, um dich zu grüßen und um mit dir zu sprechen. Dann, ohne Warnung, verlässt er dich und niemand weiß wohin er geht. Genau so ist Gernot. Ich habe noch etwas Interessantes über dieses Gespräch zu sagen. Raphaël hat mich gefragt, ob ich ihm ein Gefallen machen könnte. Auf französisch hat er gesagt: “Fais-lui la bise de ma part !” Aber war er wahnsinnig geworden? Meine Antwort war: “Was? Er wird mich hassen, wenn ich das tue! Das ist so komisch!” Raphaël war nicht überzeugt: “Nee, sag ihm, es kommt von mir!” Das hat mich doch nicht überzeugt: “Aber die anderen werden mich sehen und denken, dass ich in Gernot verliebt bin!” Raphaël lächelte, als es sehr offensichtlich war, was er sagen wollte: “Wir sind alle in Gernot verliebt.” Ach so. Jetzt wissen wir alle die Wahrheit.

Außer Gernot haben wir uns unsere eigenen Projekte erzählt. In vielen Hinsichten ist er wie ich und deshalb vertragen wir uns. Wir haben eine ähnliche Lebensanschauung; wir haben Freunde aus vielen Länden, wir lernen gerne Fremdsprachen (er kann mehr Sprachen als ich kann haha), wir haben keine Lust dazu, den typischen Studenten von Harvard zu folgen und wir wissen, wie man das Geld Harvards ausnutzt. In dem nächsten Halbjahr wird er in London, New York, Shanghai, Tokyo und Mexico City sein. Und ich? Nächstes Semesters werde ich in Harvard sein, aber danach hoffe ich in die Philippinen, nach Afrika und nach Bolivien zu reisen. Raphaël versteht mich sehr gut und unterstützt mich mit allen, was ich mache. Für mich kaum etwas Wertvolleres im Leben als Freunde wie ihn! Ich frage mich schon, wo in der Welt wir uns als Nächstes treffen werden.

Später am gleichen Tag war ich erschrocken, als ich mich erinnert habe, dass ich meine Schlüssel in meinem Zimmer vergessen hatte. Deswegen konnte ich nicht in mein Zimmer gelangen! Die Rezeption war schon geschlossen, deshalb bin ich zum Briefkasten für spät Ankommende gegangen, um einen anderen Schlüssel zu finden. (Vielleicht.) Um den Schlüsselkasten zu öffnen braucht man einen Code und um den Code zu bekommen habe ich die Telefonnummer angerufen. Auf Deutsch habe ich meine Situation erzählt, dann hat der Mann am Telefon mir gesagt, er würde jemanden senden, um mir zu helfen. Anschließend kam ein Mann, der meine Tür geöffnet hat. Was zuerst eine schlechte Situation für mich war, wurde so ein Erfolgserlebnis, weil ich alles auf Deutsch erledigt habe. Ich bin deshalb sehr stolz auf mich.

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